6. Juni 2011

ISEND 2011 - Eindrücke und ein Wort zur industriellen Färbung mit natürlichen Farbstoffen

Es ist nun schon ein Monat her, dass ich am ISEND 2011 (International Symposium & Exhibition on Natural Dyes) in La Rochelle teilgenommen habe. Es war überaus spannend und interessant. Über 500 Teilnehmer aus der ganzen Welt - Personen aus der Textil- und Kosmetikindustrie, KünstlerInnen, FärberInnen, Studenten und ProfessorInnen, Trendforscher, ... beeindruckend in welchen vielfältigen und unterschiedlichen Bereichen natürliche Farbstoffe eine Rolle spielen.

Es drehte sich also eine ganze Woche alles um Farben: die Vormittage bis zu den frühen Nachmittagen waren angefüllt mit Vorträgen zu den unterschiedlichsten Themen. Besonders gefreut hat es mich, dass auch österreichische Vortragende da waren, deren ökologischer Ansatz zur Farbstoffgewinnung aus Abfallprodukten und Reststoffen sehr interessant ist: Colors of Nature.

Nach den Vorträgen gab es Workshops zu unterschiedlichen Färbemethoden und anderen Möglichkeiten der Verwendung von natürlichen Farbstoffen. Aufgrund der vielen Besucher, war es aber nicht immer einfach zuzusehen bzw. mitzumachen. Es gab auch einen "Marktplatz" mit Ständen, wo es möglich war natürlich gefärbte Bekleidung zu kaufen. Es gab auch pflanzengefärbte Wolle, Farbextrakte, Bücher und vieles mehr.

Ein Tag war für einen Ausflug reserviert. Wir konnten aus vier verschiedenen Auflügen wählen und ich entschied mich für den Ausflug nach Rochefort und den Besuch des Labors von CRITT (Centre pour l’analyse du verre, des polymères et matériaux inorganiques). Der Ausflug war verbunden mit dem Besuch eines kleinen Färbergartens, einem medizinischen Museum und einem Picknick im Garten eines grossen historischen Anwesens (einer ehemaligen Seilerei der Marine) in Rochefort.

Ich kann jetzt gar nicht aufzählen, was ich alles während dieser einen Woche gesehen, gehört und erlebt habe. Einen kleinen Eindruck habe ich in dieser Diashow zusammengestellt. Von La Rochelle selbst habe ich nicht so viel gesehen, weil die Zeit knapp bemessen war, aber ich war im Aquarium und für einen kleinen Spaziergang in die Altstadt hat es auch gereicht.


(Ich habe einige Färbungen fotografiert, die mir besonders gut gefallen haben. Die Färbungen stammen von verschiedenen Künstlern. Das Urheberrecht liegt bei den Künstlern.)

Es wird sich nach meinem Gefühl in nächster Zeit sehr viel tun im Bereich der industriellen Färberei mit natürlichen Farbstoffen - diesen Eindruck habe ich aus La Rochelle mitgenommen. Einerseits freut mich das, andererseits macht mir die Industrialisierung der natürlichen Farbstoffe mit ihren Forderungen nach Standardisierung und Zertifizierung Gedanken. Ich hoffe, dass sich hier “die Katze nicht in den Schwanz beisst”. Die Industrialisierung der Farbstoffe hatten wir ja schon mal im 19. Jahrhundert mit all ihren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Ich verstehe natürlich das Bestreben der Industrie nach dieser Standardisierung. Ich weiss auch, dass es den Konsumenten leichter fällt zu einem Produkt zu greifen, wenn es mit einem Label zertifiert ist. Aber ich fände es schade, wenn wir dadurch bald wieder uniforme Massenprodukte haben und erst wieder synthetische Zusatzstoffe verwendet werden, um die Farben möglichst lichtecht, waschecht, reibecht, maschinenwaschbar, ... zu machen.

Jedenfalls wünsche ich mir - und ich sehe das auch als Chance -, dass mit der Wiederbelebung der natürlichen Farben auch noch mehr Umdenken in den Bereichen der Textilproduktion und - konsumation stattfindet. Auch hier - denke ich - wird der Konsument mit seinem Kaufverhalten die entscheidende Rolle spielen. Die Textil-Produzenten, im speziellen die Färbereien, versuchen zu sehr den eingelernten Vorstellungen und den vermeintlichen Kundenwünschen, wie eine Farbe zu sein hat, zu entsprechen. Dem Käufer muss bewusst sein, wenn er sich für ein natürlich gefärbtes Kleidungsstück entscheidet, dass es sich hier um einen NATÜRLICHEN Farbstoff handelt. Natürliche Farbstoffe sind lebendig und verändern sich. Das ist das schöne daran! Wenn der Konsument diesen Veränderungsprozess akzeptiert und genau das haben will, dann kann sich auch die Textilindustrie "entspannen" und diese natürliche Veränderung zulassen und muss nicht versuchen, hier wieder einmal mit allen Mitteln gegen die Natur zu handeln.

Zu den ökologischen Gesichtspunkten der Naturfarbstoffe und der Verarbeitung in der Textilindustrie möchte ich ergänzend noch auf zwei Blogeinträge hinweisen, die diese Themen behandeln und die Eindrücke des Symposiums sehr gut wiedergeben:

Gastbeitrag von Lebenskleidung im Blog von Kirsten Brodde, und ein Beitrag von India Flint, einer Australischen Künstlerin mit wunderbarem Talent und Gespür für Färbungen und die Natur.

1 Kommentar:

Mami Made It hat gesagt…

Sehr interessant!
LG
Petra